Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
das FG Baden-Württemberg bestätigt seine bereits im Jahr 2018 veröffentlichte Rechtsprechung zum Bilanzierungsverzicht für geringfügige aktive Rechnungsabgrenzungsposten - ARAP -, weil ein Fall von geringer Bedeutung vorliegt (FG Baden-Württemberg vom 8.11.2019, 5 K 1626/19; Revision: BFH Az. X R 34/19). Danach müssen ARAP nicht gebildet werden, wenn der einzelne Rechnungsabgrenzungsposten nicht höher als die Bewertungsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) ist. In den Zeiten der Gerichtsverfahren bertrug die Wertgrenze 410 €, derzeit beträgt sie 800 € (§ 6 Abs. 2 EStG).
Sachverhalt
Der Gewerbetreibende hatte in den Jahren 2015 bis 2017 Zahlungen für das jeweilige Folgejahr geleistet, und zwar insbesondere laufende Werbebeiträge, Kfz-Steuer und Versicherung. Sämtliche Einzelbeträge beliefen sich auf weniger als 410 €. Die Gesamtbeträge beliefen sich auf im Jahr 2015: 1.341 €, im Jahr 2016: 1.550 € und im Jahr 2017: 1.315 €. Der Gewerbetreibende bildete in seiner Handels- und Steuerbilanz keinen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten (ARAP).
Das FG Baden-Württemberg begründet seine Auffassung wie folgt:
1. Regel: Grundsätzlich sind Ausgaben, die vor dem Abschlussstichtag bezahlt werden, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellen, als ARAP handels- und steuerbilanziell abzubilden (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG; BFH vom 24.6.2009, IV R 26/09, BStBl. II 2009, 781). Das steuerrechtliche Bilanzrecht kennt keine Ausnahmen (FG Baden-Württemberg vom 2.3.2018, 5 K 548/17, EFG 2019, 415; zeitstaerken.PLUS: RD 0001 0005 2019 0001).
2. Regel: Der Grundsatz der Wesentlichkeit ermöglicht unwesentliche Elemente bei der Bilanzierung und Bewertung außer Acht zu lassen (FG Baden-Württemberg vom 2.3.2018, 5 K 548/17, a. a. O., Rdnr. 21; BFH vom 18.3.2010, X R 20/09, BFH/NV 2010, 1796, m. w. N.; zeitstaerken.PLUS: CD 0001 0005 2012 0002).
Der BFH ist der Auffassung, dass der Steuerbilanzierer in Fällen von geringer Bedeutung auf eine genaue periodengerechte Abgrenzung verzichten kann (FG Baden-Würtemberg vom 8.11.2019, 5 K 1626/19, nrkr.; Revision: BFH Az. X R 34/19; BFH vom 18.3.2010, X R 20/09, BFH/NV 2010, 1796, m. w. N.; zeitstaerken.PLUS: CD 0001 0005 2012 0002). Daraus folgt, dass Betriebsausgaben, trotz periodenübergreifender Veranlassung, bei unwesentlicher Bedeutung für das jährliche Gesamtergebnis als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben gebucht werden können (FG Baden-Württemberg vom 8.11.2019, 5 K 1626/19, nrkr.; Revision: BFH Az. X R 34/19).
3. Regel: Die Fälle von geringer Bedeutung orientieren sich an der jeweiligen Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG; § 6 Abs. 2 EStG). In diesen Grenzen ist eine periodengerechte Bilanzierung verzichtbar (BFH vom 18.3.2010, X R 20/09, BFH/NV 2010, 1796, m. w. N.; zeitstaerken.PLUS: CD 0001 0005 2012 0002). Die Anwendungsgrenzen sind: (i) bis zum 31.12.2017: 410 € und (ii) seit dem 1.1.2018: 800 €.
Lösung
Der Gewerbetreibende konnte seinen Bilanzierungsverzicht auf den ARAP ausüben, weil die einzelnen Aufwendungen für die laufenden Werbebeiträge, Kfz-Steuer und Versicherung innerhalb von 410 € lagen.
Hinweis
Im Revisionsverfahren erhält der BFH noch einmal Gelegenheit, sich zu dem Verzicht auf einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten bei Geringfügigkeit zu äußern. Es bleibt abzuwarten, ob nach der anstehenden Entscheidung, die Finanzverwaltung ihre Blockadehaltung aufgibt.
Ihr Team zeitstaerken.de
StB Jürgen Hegemann / Tim Adrion