Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Der BFH hat mit Urteil vom 10.12.2019 entschieden, dass erfolglose Bewerber um ein Mandat im europäischen Parlament ihre Wahlkampfkosten steuerrechtlich nicht absetzen können (BFH vom 10.12.2019, IX R 32/17; Rechtsprechungsbestätigung: FG München vom 26.10.2017, 10 K 614/17, EFG 2018, 213, rkr.). Wahlkampfkosten zur Erlangung eines Mandats im europäischen Parlament sind auch (i) Aufwendungen für die Erlangung des Kandidatenstatus, (ii) die organisatorische Vorbereitung als Kandidat sowie die (iii) Aufwendungen zum Erhalt des Nachrückerstatus.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige nahm als Kandidatin auf der Liste ihrer Patei zur Europawahl teil. Da der Listenplatz nach dem Wahlergebnis nicht für ein Mandat im Parlament ausreichte, errang sie die Position eines Nachrückers für den Fall des Ausscheidens eines der gewählten Abgeordneten ihrer Partei. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung machte die Steuerpflichtige im Zusammenhang mit ihrer Kanditatur entstandene Kosten für Fahrten mit dem eigenen Pkw, Übernachtungen, Verpflegungsmehraufwand, Arbeitsmittel, Umzugskosten sowie Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung, Telefon und Internet als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften geltend.
Das Finanzamt und nachfolgend auch das FG München lehnten eine Berücksichtigung der Aufwendungen als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften ab.
Der BFH bestätigte die Auffassung des FG München als auch die Auffassung des Finanzamtes.
Nach der gesetzlichen Regelung dürfen Wahlkampfkosten zur Erlangung eines Mandats im Bundestag, im europäischen Parlament oder im Parlament eines Landes nicht als Werbungskosten abgezogen werden (§ 22 Nr. 4 Satz 3 EStG). Dies gilt unabhängig davon, so der BFH, ob die Kandidatur erfolgreich war oder nicht. Zu den Wahlkampfkosten zählen alle Aufwendungen die zur (i) Erlangung oder (ii) Wiedererlangung eines Mandats getätigt werden. Dies gilt auch für die Kosten zu Erlangung des Kandidatenstatus, die organisatorische Vorbereitung als Kandidatin sowie die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Nachrückerstatus.
Lösung
Die Aufwendungen, die die Steuerpflichtige getragen hat, sind Kosten der privaten Lebensführung und nicht als - vergebliche - Werbungskosten abzugsfähig.
Hinweis
Der Gesetzgeber hat von der steuerrechtlichen Berücksichtigung der Wahlkampfkosten u. a. deshalb abgesehen, weil der Steuervorteil je nach Höhe des individuellen Einkommens unterschiedlich hoch ausfallen würde und dadurch der Grundsatz der Chancengleichheit aller Wahlbewerber beeiträchtigt wäre.
Quintessenz
Den Parteien wird stattdessen bei Erreichen bestimmter Stimmanteile pauschal eine steuerfreie Wahlkampfkostenerstattung gezahlt. Diese Erstattung kommt auch den Wahlbewerbern der Parteien zugute!
Ihr Team zeitstaerken.de
StB Jürgen Hegemann / Tim Adrion